Kollekte für die Brandgeschädigten :

Wer um jene Zeit bei einem Brande sein Haus und Hab und
Gut verlor, geriet in die bitterste Not, denn im 18. Jahrhundert kannte man noch keine
Feuerversicherungen. Es wird den in Wiederstein in Not geratenen Brandgeschädigten
(auf deren Antrag hin) gestattet, eine Kollekte in der näheren und weiteren Umgebung heben zu lassen.
Es kommen Spenden an Geld und Fruchtmitteln von allen Seiten, nicht nur aus der
allernächsten Umgebung, sondern auch aus der Gegend von Haiger, Herborn, Dillenburg,
Ewersbach und vom Westerwald.

 

659                                                                                       pr. den 13. Febr. 1749


Hoch- Wohlgebohrne Freyherren!
wie auch,
Wohl- und HochEdelgebohrne, Hoch Edelgestrenge,
und hoch gelahrte zur hochfürstl. Oranien-Nassauischen
Landes regierung hoch verordnete Herren
Geheimbte und Andere Räthe!
Gnädige, hochgebietende, und hochgeehrtiste
Herren !


Bekandtester maßen hat die am 9. 8bris p.a. alhier
entstandene Feuersbrunst und endes unterschriebenen
bey einer solchen Jahreszeit, da alles getraide und
fütterung eingeerndtet gewesen, nicht allein unsere Gebäude,
sondern auch alles getraide und fütterung, so darinnen
gewesen, völlig ruiniret und verzehret, und uns
in ansehung menschen u. vieh in die äußerste dürftigkeit
gefürhet.
Wann dann nun also durch dieses unglück der beyhülfe
und steuern mitleidiger nachbarn und mit
fristen ausgesetzet stehen; so ist auch durch die Ihren
gemeinschaftliche Beamte eine solche heilsahme Verordnung
in hiesigem Amte ergangen, daß durch eine liefferung
in allen dörffern dieses grundes eine solche guthelfige
Beysteuer geschehen an getraide und fütterung, daß bonn
dort bis hiehin wir samt unserm armen Viehe die
nohtdürfftige nahrung gehabt haben. Da aber auch
solche steuern nun alle Consumiret und verzehret, so
ist von hochgräflich Kirchberg-saynischen Regierung
eine beysteuer expresse in dero landen ausgeschrieben
und in einer erklecklichen summe Baaren Gelds
eingetrieben, und an unsere mitbeschädigte saynische
nachbarn doch einseitig amploiret worden; daß

 

 

als diese nun in völligem seyn vor sich und ihr viehe,
getraide und erforderliche fütterung anzuschaffen,
wir aber sind in der äußersten armuthey, dann nunmehro
kein getraid vor die menschen, kein fütterung
vor das vieh, ja welches das ärgste kein geld, solche
zu kauffen mehr vorhanden ist: uns aber auch
auf eine solche art, wie den Hachenburgischen unterthanen
geschehen, in betracht unseres großen landes
gar leicht geholffen werden könte; wie wir auch
jeder Zeit in solchen fällen, unsern mit landseingesessenen
nachbarn, so viel wir gekönt, mit beysteuern
und milden gaben an die hand gegangen
seynd:
So ergehet an Ew. hoch-Wohlgebohrn wie auch Wohlund
hochEdelgebohrn in Tiefster submission unsere nohtdringliche
bitte, sie wollen geruhentlich unser elend
in hoch geneigte Confideration ziehen, und gnädigst
verordnen, daß uns durch eine mildreiche beysteuer
(wie denen Hachenburgischen mitnachbahrn
geschehen ist) aus dem Dillenburgischen lande dermaßen
geholffen werden möge, daß wir nohtdürftiglich
zu leben, und unser vieh hungers halben nicht
crepiren lassen müssen. Wir getrösten uns aller
Commisserat. und guten resolution. Die wir
verharren in aller unterthänigkeit
Ew. Hoch- Wohlgebohrn auch
Wohl und hochEdelgebohrn

 

Unterthänigste Johannes Peter Christ
Johann Adam Schmitt
Johann Henrich Bieler
und Johann Engel Reichmann
brandbeschädigte in Wiederstein.

 

1321                                                                       ps. den 25. Märtz 1749


Hochwohlgebohrne Freyherren,
Wohl und HochEdelgebohrne, gestreng
und hochgelährte, hochfürstl. Landes Regierung
hochverordnete Herren Geheime,
geheime Justiz- und Regierungs-
Räthe etc.
Gnädige, hochgebietend und hochgeehrteste
Herren!


Was aus alhiesiger Stadt und
Amt für die Brandbeschädigten
zu Wiederstein gesteuret worden,
geruhen Ew. hochwohl, wohl und hochEdelgebohrne
aus anliegender Tabell und
deren Beylagen des mehreren gnädig
und hochgeneigtest zu ersehen.
Das gefallene Geld ad 27 fl. 26 alb. 4 d.
kommt nach anliegendem Sorten-
Zettul hiebey, und will mir also

 

hierüber einen Schein unterthänig
gehorsamst ausgebetten haben.
Die Früchte sind auf begehren des Herrn AMtsvoigt
Günthers nacher Burbach an den
dasigen Heimberger gelieffert worden.
Ich verharre in tieffer Submission
Ewer hochwohlgebornen Freyherren,
wohl und hochEdelgebohren etc.
Meinen gnädigen hochgebietend
und hochgeehrtesten
Herren Geheimen, Geheimen-
Justiz- und Regierungs Räthen
unterthänig
gehorsamster
Diener
... Reichmann

 

Driedorf
den 22. Martii 1749

 

An
den Amtmann Reichman
Driedorf


Demnach der A. Reichman
zu Driedorf 27 fl.
26 alb. 4 d. Beysteuer
für die Brandbeschädigten
zu Wiederstein aus
dem Amt Driedorf
dahier eingeschicket;
Als wird dessen richtiger
empfang hiermit accusiret

und bescheinigt.


F.L.R.
-Unterschriften-

 

Sorten-Zettul über diejenigen Gelder,
so aus Stadt und Amt Driedorf für die Brandbeschädigten
zu Wiederstein gesteuert worden.

                                                         fl.  alb.  d.
An 3 Ducaten                                 13    6
½ Ducaten                                        1    6
1 frantzösisch species Gulden       1    2
Müntz                                             12  12     4
----------------------------------------
Summa                                           27  26     4


Schreibe zwantzig sieben floren,
zwantzig sechs alb. vier d.


Driedorf den 22. Martii 1749
... Reichmann

 

Quelle : Landesarchiv NRW

 

 

 

Die komplette Akte zum großen Brand von 1748

einschließlich einer Transkription in die heutige Schrift

findet sich im Archiv des HVV Wiederstein.

 

 

Diese kann dort jederzeit (nach vorheriger Terminabsprache)

 

eingesehen werden.